Mom der Woche

Stefanie Höfle-Brehm

7. Februar 2023
Stefanie Hoefle

Diese Woche ist Stefanie Höfle-Brehm unsere Mom der Woche. Steffi und ich kennen uns seit knapp 15 Jahren, als wir beide noch für die Print- und Online-Redaktion der Brigitte gearbeitet haben. 15 Jahre und vier Kinder später haben sich unsere Wege wieder gekreuzt: Mittlerweile sind wir Nachbarinnen und treffen uns gerne mal zum Playdate mit Weinschorle.

2014 hat Steffi sich zum Systemischen Business Coach ausbilden lassen und darauf aufbauend zur Personal Trainerin und zum Sport Coach. Diese drei Säulen vereint sie nun in ihrem Unternehmenskonzept BeSTRONGER. Im Interview mit Mamiful erzählt sie von ihrer dreijährigen Familienzeit in Sydney, wie sie es schafft, Sport in ihren trubeligen Mama-Alltag zu integrieren und verrät einen sehr entspannten Erziehungstipp.

Was machst du gerade?

Stefanie Höfle-Brehm: Ich sitze im Home-Office, nach Kita-Drop und einer Personal-Training-Stunde, die ich gerade im Park gegeben habe. Jetzt arbeite ich an einem Sport-Coaching-Konzept fürs Wochenende.

Das musst du gleich noch ausführlicher erzählen! Aber erstmal: Ihr habt zweieinhalb Jahre in Sydney gelebt. Wie hat es euch dort gefallen?

Wir hatten die Zeit unseres Lebens dort. Jedes Familienmitglied auf seine/ihre Weise. Ava, unsere Tochter, war drei Monate, als wir im September 2019 los flogen. Sie ist dort also aufgewachsen die ersten zweieinhalb Jahres ihres kleinen Lebens. Beach-Time nach der Kita, barfuß laufen die meiste Zeit des Jahres und eh immer nur draußen sein. Der Mittelwert in Sydney sind 25 Grad, einfach nur wunderbar! Mit eins war sie in der australischen Kita, lernte Englisch besser als Deutsch, obwohl wir zu Hause Deutsch sprachen.

Vincent, unser Sohn, war 14, als er in der German International School anfing. Nach rund drei Monaten und ein paar Anfangstränen hatte er sich eingelebt und fing an, das australische Outdoor-Leben so richtig zu umarmen. Mit Class Mates am Strand rumlungern, heimlich Teenager-Dinge tun, die Eltern nichts angehen. Surfen, mit German Soccer Skills der Beste des Teams werden und im Stillen stolz drauf sein. Nebenbei, natürlich ohne eine Vokabel zu lernen, immer besser Englisch zu sprechen, einfach weil es so mitgeliefert wurde. Und wir Eltern, Stefan und ich, mochten das streichelwarme Sockenlos-Wetter auch lieber als den schottergrauen Hamburger Fissel. Bitte nicht falsch verstehen: Auf Hamburg lasse ich nichts kommen. Aber Sydney kann auch was.

Was können die Australier denn einfach besser als wir?

Locker bleiben. Klar sind es angespannte Zeiten, aber gemeinsames Durchdrehen hilft wohl kaum. Sie halten Freundlichkeit dagegen als Schmiermittel des Daily Lifes. Es ist einfach schön, freudestrahlend mit Namen begrüßt zu werden im Stammcafé. Und wer mir jetzt mit Oberflächlichkeit und mangelnder Authentizität kommt, dem möchte ich einfach nur lachend einen schönen Tag wünschen – und fragen, ob sich das echt nicht besser anfühlt als schlecht gelauntes Wegschauen?!

Oh, und ganz wichtig: Kinderfreundlichkeit. Die Kids werden wahrgenommen, begrüßt, angesprochen, den Vätern und Müttern wird geholfen, wenn sie gerade nicht mehr können, weil gleichzeitig Kind einfangen, Kaffee halten und Kinderwagen schieben, eben unmöglich ist. Ja. Das ist erwähnenswert, weil es in Hamburg oft anders ist. Nicht immer, nicht überall. Aber oft.

Stefanie Höfle-Brehm mit ihrer Familie in Sydney

Kurz nachdem ihr nach Australien ausgewandert seid, begann die Pandemie. Wie habt ihr die Zeit dort erlebt?

Zu Beginn fanden wir es diffus bedrohlich, weil Australien ja ziemlich schnell die Grenzen zugemacht hat. Das bedeutete, unsere Eltern und Freunde konnten alle nicht kommen. Und wir durften nicht raus, da wir ja keine Australian Residents sind. Wir wären also nicht wieder zurückgekommen. Es wusste ja keiner, wie lange das dauern würde und was eine Pandemie wirklich bedeutet. In der Rückschau beurteilen wir das anders. Es war im Grunde für unsere Familienkonstellation – einen Teenager-Sohn, eine Einjährige und uns Eltern – einer der besten Orte für eine Pandemie. Wir konnten immer an den Strand, die Schule hatte nicht lange Lockdown, die Kitas waren während der gesamten Zeit nie geschlossen. Wir hatten es wirklich gut im Vergleich zu vielen anderen weltweit. Ich bin echt dankbar, sogar demütig, wenn ich daran denke, wie viel Glück wir hatten, ohne es zu wissen oder zu planen.

Du hast dir mit Personal Training und Systemischem Coaching ein zweites Standbein in Australien aufgebaut. Wie bist du dazu gekommen?

Die Ausbildung zum Systemischen Business Coach habe ich schon 2014 gemacht, berufsbegleitend. Ich war damals schon sechs Jahre Redakteurin bei Gruner+Jahr. Das heißt, ich hatte schon einigen Krisen in der Print-Branche miterlebt und wollte einem möglichen Karrierewechsel schon mal ein Fundament bauen. Außerdem bin ich ein Mensch, der einfach gern Neues lernt. Ich glaube, dass lebenslanges Lernen die Lebensfreude und Fitness erhält.

In Sydney war ich ja in Elternzeit. Ich hatte die vollen drei Jahre eingereicht. Als Ava dann mit eins in die Kita kam und es liebte, hatte ich plötzlich Freiraum für Neues. Jippie! Es passte perfekt. Drei Tage Kita, drei Tage Ausbildung zur Fitness-Trainerin. Sport war schon lange meine große Leidenschaft. Als alles gut lief, schloss ich noch den Schein zur Personal Trainerin an. In Australien herrscht auch ein ausgesprochen sportliches Klima. Überall gibt es riesige Sportplätze mit Flächen für Baseball, Soccer, Fitness, Leichtathletik. Schon während der Ausbildung trainierte ich eine Gruppe von Freundinnen via Zoom in Deutschland. Die waren im Lockdown und trafen sich im Park. Als ich fertig war, baute ich einen Kund*innenstamm auf und arbeitete auf diesen wunderbaren Sportplätzen am Strand. Es war einfach toll.

Wie sieht ein typischer Tag bei dir aus?

Um 6:30 Uhr klingelt der Wecker, falls Ava nicht vorher wach ist. Dann stehen Mini und ich auf und machen für alle Frühstück. Je nachdem, ob Stefan gerade in Hamburg ist, betüdelt er dann Ava, wenn ich duschen gehe, oder die Tonibox wird angeschmissen. Stefan betreut nach wie vor den asiatischen und pazifischen Raum und ist zwei Wochen pro Monat in Sydney, Singapur, Bangkok oder Auckland. Vincent bricht um 7:30 nach Hamburg-Flottbek auf. Er geht zur International School, seit wir zurück sind, weil er gern ein internationales Abi machen möchte. Ich bringe dann Ava um kurz vor acht mit dem Lastenrad zur Kita. Das Rad ist gleichzeitig mein „Firmenwagen“. Ich transportiere dann meist mein Equipment in den Park oder zur ersten Kundin und gebe ein Boot Camp oder eine Personal-Trainingsstunde. Dann radel ich heim, kümmere mich auf dem Weg um Einkauf, Abendessen, Haushaltsgedöns. Und bereite danach meist ein Coaching oder Sport Sessions für die folgenden Tage vor. Social Media muss jetzt auch etwas mehr bespielt werden. Ich baue meine neue Existenz als Systemischer Business+ Sport Coach ja erst auf. Ich war bis vor unserem Auslandsaufenthalt 14 Jahre Redakteurin bei Brigitte und Barbara. Aber das Kapitel ist jetzt abgeschlossen.

Um 16 Uhr hole ich meine Tochter wieder ab, montags radeln wir dann noch zum Fußball. Meist geht’s aber heim oder auf den Spielplatz, je nach Wetter. Spielen, Abendbrot machen, gemeinsam mit den Kids essen, baden, vorlesen, ins Bett bringen. 19:30 Uhr: erschöpft selbst ins Bett sinken, Mails lesen, WhatsApp beantworten, Social Media machen, Netflix gucken, lesen…nach drei Seiten einschlafen.

Welchen SOS-Tipp hast du für Mamis in einer akuten Stresssituation?

Wenn es geht, kurz rausgehen, drei Mal tief ein- und ausatmen (geht auch ohne Rausgehen) und rückwärts bis zehn zählen, das dissoziiert vom Thema. Dann mit so viel Ruhe wie eben möglich die Situation lösen. Kommt es hart auf hart, muss man sich mal abgrenzen, auch den Kindern gegenüber. Wenn meine Tochter mich beispielsweise aus Wut haut oder anschreit, sage ich Stopp und gehe zurück. Verliert man trotzdem mal die Nerven und schreit: Nicht selbst geißeln dafür. Das passiert uns allen. Und einer der besten Ratschläge kommt von meiner australischen Freundin Julia: „Pick your battles“. Gerade in Bezug auf Teenager sehr wichtig. Nicht alles ausfechten. Nur die Dinge, die dir wichtig sind.

Was ist für dich Mom Shaming und wie reagierst du darauf?

Mom Shaming kommt meistens unterschwellig, manchmal aber auch volle Breitseite. Zum Beispiel: „Du gibst Deinen Kindern aber auch sehr viel Raum!“ Zackbumm. Da steckt eigentlich alles drin, was am Mom Shaming nicht geht.

1. Du hast die Erziehung nicht im Griff. 2. Deine Kinder nehmen sich zu viel Raum. 3. Mit Dir kann man sich nicht mehr richtig unterhalten. 4. Ich kann es besser bei meinen Kindern.

Ergebnis: Ich fühle mich schlecht. Danke für nichts.

Denn 1. ist meine Art der Erziehung vielleicht nicht Deine.

2. Meine Kinder nehmen sich Raum. Richtig. Genauso wie Erwachsene sich Raum nehmen in meinem Leben. Sie tun es auf ihre kindliche und Teenager-Art, und das ist ihr verdammtes Recht. Mein Recht ist es, mich so abzugrenzen, wie ich denke, dass es richtig ist.

3. Ja, wenn beide Kinder um mich sind, ist ein Gespräch nicht so möglich, wie wenn wir zu zweit sind. Muss man das ernsthaft erklären?

4. Schön für Dich. Dann mach mal weiter so und freu Dich dran. Sag Bescheid, wenn Du Interesse an einem konstruktiven Austausch über Erziehung hast.

Wie schaffst du dir Entspannungsinseln im Alltag, um den Kopf freizubekommen?

Ich mache tatsächlich eine viertel Stunde Sport. Das hilft immer. Matte ausrollen im Wohnzimmer und los. Viele denken, Sport lohne sich nur, wenn man eineinhalb Stunden hat. Erstmal ins Studio fahren, Kurs machen oder an die Geräte. Klar ist das super, aber als working Mom oft unrealistisch. Diese 10-15 Minutes Sessions halten mich im Lot, wenn es mal ein paar Tage eng wird mit einer langen Sporteinheit. Und: lesen! Elektronische Geräte bewusst ausmachen, Telefon raus aus dem Schlafzimmer. Ist in unserer Familie eine feste Regel. Nachts ohne Telefon.

Welche Themen beschäftigen dich gerade?

Wie schon erwähnt, meine Selbständigkeit. Ich habe gerade meine Website fertig gemacht. Jetzt wächst das Geschäft Stück für Stück. Es ist aufregend und macht total viel Spaß. Bedeutet in den Wochen, in denen Stefan weg ist, natürlich auch Stress. Man braucht ein gutes Netz an Babysitterinnen, Omas und Opas, Businesspartner*innen und Freund*innen, wenn man (kleine) Kids hat. It takes a village to raise a kid! Da ist was dran.

Was gibt es bei euch zu essen, wenn es schnell gehen muss?

Selbst belegte Pizza oder Pfannkuchen, beides mit Dinkelmehl. Dazu kleine Apfelschnitze oder Blaubeeren.

Und was gab es heute zum Frühstück?

Glutenfreies Müsli mit Beeren und Äpfeln für Stefan und mich (in bin leider seit ein paar Monaten allergisch). Ava hat aus Australien ihre Wheetbix-Liebe mitgebracht, Vincent isst Schokomüsli (pick your battlse!) – aber nur, wenn er Äpfelchen und Banane in seiner Brotbox mitnimmt.

Was steht in diesem Moment ganz oben auf deiner To-Do-Liste?

Da stehen fünf Sachen nebeneinander: mein beSTRONGER Business ausbauen, Paw-Patrol-Skye mit Hubschrauber bestellen, Fahhradhelme besorgen, Vincent eine neue Zahnbürste kaufen, mit Stefan nächsten Ausgehabend festlegen.

Stefanie Höfle-Brehm & Sohn Vincent

Wovon brauchst du gerade eine Pause?

Von oberfllächlichem Blödsinn. Und von Mom Shaming. Können viele Menschen, selbst in der nahen Umgebung eins A unterschwellig. Why???

Welche Herausforderung hast du zuletzt gemeistert?

Ich habe mein Zertifikat zum Systemischen Sport Coach fertig gemacht. Yes!

Wann hast du zuletzt etwas Neues gemacht oder gelernt?

Das Sport Coaching. Und Handstand lerne ich gerade. Auf meiner mentalen Liste steht: Weniger wütend sein auf Dinge, die eh nicht zu ändern sind.

Wofür hättest du gern mehr Zeit?

Für ehrenamtliche Arbeit. Das ist mein nächstes Ziel. Ich glaube, dass wir, die wir hier in unserer, mit Verlaub, Wohlstands-Bubble rumhampeln, die Verantwortung dafür haben, dass unsere Demokratie nicht auseinander fliegt. In Form von sozialer Verantwortung.

Welche Podcasts hörst du regelmäßig?

„Fest&flauschig“, „Apokalypse und Filterkaffee“, „Wie war der Tag, Liebling?“ „Gemischtes Hack“, „Feel the News“, „Hörbar Rust“, „Hotel Matze“, „Bauerfeind + Kuttner“, „Betreutes Fühlen“ und „Baywatch Berlin“. Bisschen männerlastig. Gebt mir gern Tipps zu coolen Frauen-Podcasts!

Was würdest du gerne besser können?

Ruhe bewahren in allen Lebenslagen.

Was macht dich zu einer guten Freundin?

Da kann ich nur Zuverlässigkeit als einen meiner wichtigsten Werte nennen. Zum Rest musst Du meine Freundinnen befragen.

Einer deiner Lieblingsplätze?

Seit Australien: Balmoral Beach. Und in Byron Bay Belongil Beach.

Aber in Hamburg liebe ich auch vieles: mein früherer Arbeitsplatz, Gruner+Jahr, liegt am Hafen gegenüber der Elbphilharmonie. Wir haben jahrelang zugesehen, wie dieses schöne Bauwerk entstanden ist. Das war und ist nach wie vor ein großartiger Ort in Hamburg. Ich liebe auch die Parks hier in Eppendorf. Unsere Kita im Haynspark ist einfach schön, schön, schön. Danke dem Universum dafür.

Wohin möchtest du als nächstes reisen?

Bin zurzeit jeden Tag kurz davor, ein Sydney-Ticket zu buchen. Aber nur, weil es so grau ist. Die nächste Reise ist wohl eher Sankt Peter-Ording.

Was ist gerade das Beste an deinem Leben?

Die berufliche Umorientierung, ganz viel Neues ausprobieren, kreativ sein, netzwerken. Das bereitet mir großen Spaß, ist ein bisschen wie ein Abenteuer. Wobei „das Beste“ immer nur sein kann, wenn es meiner Familie gut geht.

Wo siehst du dich nächstes Jahr um diese Zeit?

In einem kleinen Coaching- und Trainingsstudio, zufrieden neue Pläne für Kooperationen mit coolen Frauen ausheckend.

Fotos: Mark Morgan (1 + 2), Sona Kazemi (4, 5 + 7)

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Wir freuen uns auf dich und deine Geschichte.

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