Mom der Woche

Mélissa Thélusmon

5. April 2021
melissa thelusmon

Mélissa Thélusmon ist unsere Mom der Woche. Die 37-Jährige stammt aus Gabun und kam mit 18 Jahren zum Studium nach Deutschland. Heute ist sie Diplom-Übersetzerin. Mélissa Thélusmon arbeitet als Laufbahnberaterin und unterstützt dabei Migrantinnen, die sich beruflich (neu-) orientieren, ihre Talente und Kompetenzen entdecken und nutzen möchten. Zurzeit absolviert sie ihr letztes Weiterbildungsjahr als systemische Beraterin. Mélissa Thélusmon lebt in Saarbrücken, wo auch ihre Zwillinge (ein Junge & ein Mädchen) vor sechs Jahren geboren sind. Die Kinder wachsen zweisprachig auf und sprechen Französisch und Deutsch.

Wie genau dürfen wir uns deine Arbeit vorstellen?

Die Migrantinnen, mit denen ich arbeite, leben zum Teil schon seit einigen Jahren in Deutschland. Sie möchten sich beruflich (neu-) orientieren oder ihre Talente und Stärken (neu-)entdecken oder einfach das durch die Migration verlorene Selbstbewusstsein wiedergewinnen.

Wann bist du nach Deutschland gekommen?

Ich bin in sechs Ländern aufgewachsen, unter anderem inDeutschland. Wir haben dreieinhalb Jahre in Bonn gewohnt. Erst nachdem ich Deutschland verlassen habe, habe ich festgestellt, dass ich mich in diesem Land doch wohl gefühlt hatte. Es war für mich dann klar, dass ich zurückkommen wollte. Die Voraussetzung war aber, dass ich Abitur mache, denn nur so hätte ich ein Stipendium von meinem Land bekommen. So landete ich mit 18 in Köln, ein Traum wurde erfüllt. Und so hat auch meine Geschichte als Migrantin angefangen.

Was waren die größten Schwierigkeiten, die du anfangs in Deutschland hattest?

Ich sage immer, dass die Sprache die erste Hürde ist. Man lernt die Sprache und hat ständig das Gefühl, es kommt doch nichts rein. Der Behördenbesuch war auch immer schwierig, denn man musste allein schauen, wie man mit den Anträgen und Formularen klarkommt. Die Sachbearbeiter*innen haben sich nicht immer die Mühe gegeben zu helfen oder zu erklären. Wenn man im Ausland ist, weiß man schon, dass man aus einem anderen Land kommt. Dann zu sehen, wie oft man dran erinnert wird, tut schon weh.

Gibt es noch Momente, in denen du dich hier fremd fühlst?

Schon, aber viel weniger als vorher. Denn ich habe mich entschieden, dazu zu gehören, auch wenn es manchen vielleicht nicht gefällt.  

Wie ergeht es deinen Zwillingen? Hast du das Gefühl, dass sie manchmal ausgegrenzt werden?

Ich hatte eine sehr schöne, entspannte und ruhige Schwangerschaft, und das sieht man an meinen Zwillinge. Sie sind voller Freude, Leben, Liebe und Energie. Sie wurden bis jetzt sehr behütet, sowohl zu Hause als auch im Kindergarten oder sonst wo.

Wie wichtig ist dir ein funktionierendes Netzwerk unter Frauen?

Sehr wichtig! Wenn Frauen zusammenkommen, entsteht so viel Kraft und Macht. Leider wissen oft viele nicht, wie sie damit umgehen sollen.

Was rätst du anderen Mamis, die sich selbständig machen und etwas gründen wollen?

Wenn es in euch wie ein Feuer brennt, macht! Das Leben ist heute und jetzt, aber auch kurz. Heutzutage kann man so viel Unterstützung bekommen. Man kann sich mit anderen vernetzen und sich inspirieren lassen.

Wie sieht ein typischer Tag bei dir aus?

Um 5 Uhr aufstehen, beten und Bibel lesen, mich fertig machen, dann die Kinder. Während die Kinder frühstücken, Empowerment-Videos für Insta drehen, danach die Kinder in den Kindergarten fahren, meine Coaching-Sitzungen vorbereiten, Termine wahrnehmen, Kinder abholen, dann kochen und putzen. Wenn meine Kinder im Bett sind, check ich noch meine E-Mails und lese was, wenn ich nicht zu müde bin.

Du hast Zwillinge. Wie trubelig ist das?

Ich muss ehrlich sagen, ich habe nie „Dramen“ mit meinen Kindern erlebt. Ich habe oft von anderen Müttern gehört, wie ihre Kinder die Wohnung durcheinandergebracht, eine Flasche Öl umgekippt oder die Heizkörper bemalt haben. Jedes Kind ist anders, und bei jedem Kind wird man herausgefordert, auf unterschiedliche Weisen. Was am Anfang schwierig war, war die Tatsache, dass ich alleine ohne Familie hier war, die bestimmt viel unterstützt hätte. Wir haben aber sehr gute Freunde (ein bisschen älter als wir), die unsere Kinder direkt als Enkelkinder adoptiert haben, was für unsere zwei viel ausmacht.

Was steht in diesem Moment ganz oben auf deiner To-Do-Liste?

Ein neues Projekt.

Wovon brauchst du gerade eine Pause?

Von Corona (lacht).

Mèlissa und ihre Kinder

Was war die größte Herausforderung, die du zuletzt gemeistert hast?

Das meistere ich immer noch: Ich arbeite seit Anfang des Jahres als Koordinatorin in Teilzeit für ein Projekt, mache nebenbei mit der Selbständigkeit weiter und meine Weiterbildung als systemische Beraterin fertig und bin seit fast vier Monaten unter der Woche alleine mit den Kindern.

Welchen SOS-Tipp hast du für Mamis in einer Stresssituation?

Eine Pause machen, um zur Ruhe zu kommen, egal wie. Wir sind nur Menschen, keine Maschinen.  Einer meiner Lieblingsverse sagt „In der Ruhe liegt die Kraft“. Ich musste auch lernen, mal die Wohnung durcheinander zu lassen oder einen Termin abzusagen. Oder einfach NEIN zu sagen.

Wann hast du das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht?

Vor zwei Wochen habe ich meine Haare geschnitten und gefärbt: rot. 

Welches Buch liegt zurzeit auf deinem Nachttisch? 

„Blaue Hibiskus“ von Chimamanda Ngosi und das neue Buch von Corinna Mamok „Mama, mutig, mittendrin“.

Fühlst du dich heute wohler als vor fünfzehn Jahren?

Viel wohler, ja.

Wofür bist du deinen Kindern dankbar?

Für die Liebe, die Freude, die sie mir täglich schenken. Außerdem bringen Sie uns viel Segen durch die Lieder, die sie uns jeden Tag mit Begeisterung singen.

Mélissas Zwillinge

Siehst du deine Familie in Afrika noch regelmäßig?

Regelmäßig leider nicht. Ich vermisse sie sehr. Ich würde alles geben, um sie alle wiederzusehen, zu drücken…

Einer deiner Lieblingsplätze, den andere Mamis unbedingt sehen sollten?

Die Frage ist sehr schwierig… Ich beschränke mich dann lieber auf meine kleine Stadt Saarbrücken: St Johanner Markt.

Wohin möchtest du als nächstes reisen, sobald es wieder geht? Und wohin mal ganz allein?

Ghana. Allein macht‘s keinen Spass.

An welches Land denkst du mit Wehmut zurück?

Schwierige Frage… Spontan würde ich aber Kanada sagen.

Vielen Dank liebe Mélissa für deine Antworten! Wir finden es toll, was du machst und wünschen dir viel Erfolg mit deiner Ausbildung zur systemischen Beraterin! Weitere Informationen zu Mélissas Arbeit und Coaching findet ihr auf ihrer Website.

Mehr über Mélissa in „Mama, mutig, mittendrin“

Mehr über Mélissa erfahrt ihr auch in dem Buch „Mama, mutig, mittendrin“. Die Autorin und Fotografin Corinna Mamok, selbst Mutter zweier Kinder, porträtiert darin knapp 50 inspirierende Mamis und zeigt ganz unterschiedliche Wege, seine eigene Rolle als Mutter zu finden. Denn wahrscheinlich hat sich jede Mami schon mal gefragt, wie man es schafft, sich nicht permanent mit anderen zu vergleichen. Oder weder die eigenen Bedürfnisse noch die des Kindes zu vernachlässigen. „Mama, mutig, mittendrin“ gibt ehrliche Einblicke in das Leben moderner Mütter – von Patchwork-Mamis über gleichgeschlechtliche Eltern, Alleinerziehende, Mütter in Voll- und Teilzeit, Selbstständige, die neu durchstarten. Und eine Message steht über allem: Es gibt nicht den richtigen Weg, sondern immer nur den eigenen! Corinna Mamok: Mama, mutig, mittendrin, Knesebeck Verlag, 25 Euro

Du willst unsere „Mom der Woche“ werden? Dann melde dich einfach bei uns unter info(at)mamiful.de

Wir freuen uns auf dich und deine Geschichte.

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Fotos: privat

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