Momlife

Geburt in Corona-Zeiten

6. September 2020
Geburt in Zeiten von Corona

Die am häufigsten gestellte Frage, die ich aktuell bekomme, wenn ich mit meinem Baby unterwegs bin, ist folgende: Wie war denn die Geburt in Zeiten von Corona? In diesem Post möchte ich euch meine persönliche Geschichte erzählen.

Absolutes Besuchsverbot – außer bei Geburten und Sterbenden

Unsere kleine Maus ist mitten im Lockdown geboren. Dieser war damals gerade zwei Wochen und die Welt stand Kopf. Aus gesundheitlichen Gründen musste die Kleine via Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden. Und da man weitere Komplikationen verhindern wollte, musste ich bereits eine Woche vor dem Termin ins Krankenhaus. Das Schlimmste für mich war zu diesem Zeitpunkt, dass ich wusste, dass ich meine große Tochter mindestens zwei Wochen nicht sehen konnte. Bisher waren wir maximal zwei Nächte voneinander getrennt gewesen. Im Vorfeld machte ich mich wirklich verrückt. Was, wenn sie mich so sehr vermisst, dass sie unsäglich traurig ist? Oder wenn sie mich vergisst? Und was, wenn sie mich danach ablehnt? (Ich weiß, man kommt auf verrückte Gedanken.)

Aufgrund der COVID-19-Pandemie waren sämtliche Besuche zu diesem Zeitpunkt verboten. Lediglich zur Geburt und bei Patienten die im Sterben lagen, waren Angehörige unter strengen Auflagen zugelassen.

Da saß ich nun in meinem Zimmerchen. Allein mit ganz vielen Wechselklamotten. Wenn ich gewusst hätte, dass ich nicht einmal die Station verlassen darf um mir ein paar Snacks am Kiosk zu holen – glaubt mir, ich hätte anders gepackt.

Die Stimmung war angespannt

Die erste Woche war ruhig, und ich konnte irgendwie nichts anderes tun, als TV zu schauen. Leider liefen auf allen Kanälen ausschließlich Sondersendungen zum Thema Corona. Die Gesamtstimmung im Krankenhaus war sehr unruhig und unsicher. Jede Schwester erzählte mir etwas anderes zum Thema Besuche und ob Papa zur Geburt kommen darf. Und täglich änderten sich die Angaben vom Personal sowie von der Krankenhausleitung. Ich hatte also einfach mal Pech mit meinem Termin. Eine Woche zuvor war zum Beispiel täglich noch ein Besucher erlaubt. Aber auch wenn mich sehr viele Dinge zum Nachdenken gebracht haben und ich wirklich ständig weinte, weil ich meine große Tochter vermisste, so stellte ich nie in Frage, ob all das sein musste. Das Besuchsverbot, der Mund-Nasenschutz, die Verbote die Station zu verlassen, all das war sehr befremdlich und zwischendurch kam ich mir wirklich einsam und eingesperrt vor. Aber die Sicherheit ging in diesem Fall natürlich vor.

Das Erfreuliche war, dass der Papa bei der Geburt dabei sein und im Anschluss sogar noch zwei Stunden mit mir und dem Baby kuscheln durfte. Und mir in einem trauten Moment der Zweisamkeit Kleingeld für den Snack-Automaten zustecken konnte. Es war so romantisch, haha.

Das Baby auf der Intensivstation – und ich war allein

Danach war ich wieder auf mich gestellt. Mein Baby musste auf die Intensivstation, und ich war wieder in meinem Zimmerchen. Und hier wurde es erst wirklich schwer für mich. Ich hatte große Angst um die Kleine , Sehnsucht nach der Großen und Niemanden in dem Moment, der mich unterstützen konnte, zumindest nicht physisch. Zudem kamen ja noch die Schmerzen, die man nach einem Kaiserschnitt hat. Ich würde mich als relativ tough beschreiben, aber zu diesem Zeitpunkt war ich wirklich ein Häufchen Elend. Die folgenden Tage verbrachte ich hauptsächlich auf der Intensivstation. Hier waren die Schwestern und Ärzte routinierter und auch eine größere Unterstützung. Wahrscheinlich weil sie mit solchen Extremsituationen regelmäßig in Berührung kommen.

Alle waren mit der Situation überfordert

Das Personal der Wochenbettstation, welches selbst sichtlich überfordert mit der ganzen Corona-Situation war, stellte keine Unterstützung dar. Im Gegenteil. Eine Schwester schickte mich, vier Tage nach der Geburt, zur Notaufnahme um mich dort umzumelden. Ich sollte ein Begleitbett bekommen, damit ich das Krankenhaus nicht verlassen musste, denn die Kleine musste noch auf der ITS behandelt werden. Auf dem Weg zur Notausnahme traf ich ausschließlich maskierte Menschen mit Anzügen. Es war wie in einem schlechten Science-Fiction Film. Unten angekommen, fragte man mich, was ich dort wolle. „Mich ummelden“ sagte ich unsicher und blinzelte zu dem Krankenwagen, der gerade heran rollte. Die Frau mit der Maske hinter der Glasscheibe sagte im strengen Ton: „Bitte gehen sie sofort wieder hoch. Und sagen sie denen, die sollen uns ein Fax senden und niemanden mehr runter schicken!“ Oben angekommen motzte mich die eifrige Krankenschwester nur an und fragte, ob ich die Faxnummer mitgebracht hätte. Na prima, dachte ich. Läuft ja richtig gut, das mit der Kommunikation.

Zum Glück konnten wir eine Woche später nach Hause. Papa durfte mich sogar auf der Station abholen (wie kontrovers diese Bestimmungen zum Teil waren) und ich konnte endlich die Große wieder sehen. Alles in allem war die Geburt in Zeiten von Corona rückblickend natürlich nicht so wild, aber man stellt es sich natürlich anders vor. Schön wäre es gewesen, wenn das Personal etwas mehr Sicherheit und auch Verständnis hätte geben können, denn das hätte ich gebraucht. Aber ich weiß, auch für diese Menschen war das bestimmt nicht einfach, weil alles so neu war. Und ich bin mir sicher, dass man mittlerweile etwas Routine in dieser Ausnahmesituation gefunden hat.

Nach einigen Tagen zu Hause flatterte noch ein Brief von der Stadt Hamburg ins Haus. Unser Kind sei negativ auf COVID-19 getestet worden. Ah ja… davon wussten wir nichts, aber jetzt gut zu wissen.

Allen Frauen, die demnächst entbinden, möchte ich aber noch sagen: Es ist nicht wichtig, wieviel Besuch ihr bekommt und ob ihr im Zweifel sogar die Geburt allein durchstehen müsst. Wichtig ist nur, dass ihr euch darüber nicht zu sehr ärgert. Macht das Beste aus der Situation. Die Schwestern und Hebammen werden euch gut unterstützen und ihr werdet diesen großartigen Moment für immer in eurem Herzen tragen. Und Papa wird so oder so ein Leben lang an Babys Seite stehen.

In dem Podcast von Milka Loft Fernandez und Carsten Müller „Liebe, Sex und Co.“ habe ich und zwei weitere Personen darüber ebenfalls berichtet. Absolut hörenswert.

Mehr Persönliches findet ihr hier:

Lauras Geschichte: Warum ich so spät Mama geworden bin

Johannas Geschichte: Warum ich so spät Mama geworden bin

Johanna von Mamiful

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